Mit welchen drei Worten würden Sie sich beschreiben?
Macherin, befähigend, kommunikativ
Wie gestaltet sich Ihr beruflicher Werdegang? Welches waren und sind wichtige Stationen in Ihrem Leben?
Schon im Ökotrophologie-Studium an der Uni Gießen sowie durch Studienaufenthalte in Indien und Äthiopien hat mich die Frage bewegt: Wie kann Ernährung sozial gerecht, gesünder und nachhaltiger gestaltet werden?
Beruflich fand ich meine Richtung anfangs in der Hochschullehre für die Ernährungsökologie, vor allem aber bei der Fachzeitschrift Ernährungs Umschau. Dort konnte ich, zuletzt als stellvertretende Redaktionsleitung, mein Interesse an wissenschaftsbasierter Kommunikation, Teamprozessen und komplexen Inhalten entfalten. Die Arbeit dort hat mich in über 12 Jahren nachhaltig geprägt. Und mit der Ausweitung der Zeitschrift um Social-Media-Kanäle und Veranstaltungen konnte ich neben der Arbeit in der Redaktion auch meine Fähigkeiten in diesen Bereichen weiterentwickeln.
Heute leite ich die Fachgruppe „Lebensmittel und Ernährung“ bei der Verbraucherzentrale Hessen. Wir sind in den Medien präsent, vertreten Verbraucherinteressen gegenüber der Politik und beobachten, welche Produkte im Handel angeboten werden. Für die Marktbeobachtung helfen uns auch die Fragen, die Verbraucher*innen an uns herantragen. Wenn uns auffällt, dass ein Produkt gesundheitsgefährdend oder eine Werbung irreführend ist, können wir mit den Kolleg*innen der Rechtsdurchsetzung schauen, ob wir rechtliche Schritte einleiten. Außerdem ist mein Team hessenweit mit Bildungsformaten aktiv: für Erwachsene, bspw. Familien oder Azubis, für Schulklassen, Lehrkräfte und für Fachkräfte, die in der Kindertagesbetreuung für die Verpflegung zuständig sind oder mit den Kindern essen. Wichtig ist mir, unsere Inhalte mit Haltung aber undogmatisch zu vermitteln: alltagsnah, verständlich und mit Blick auf unterschiedliche Lebensrealitäten.

Wussten Sie schon immer, dass Sie das machen wollten, was Sie heute machen?
Nein – aber die Richtung war mir früh klar: Ich wollte gesellschaftliche Veränderung mitgestalten. Mich haben neben Nährstoffen und Biochemie immer auch die gesellschaftlichen, ökologischen und politischen Kontexte interessiert – und wie wir diese verbessern können. Darüber hinaus war mir immer schon Female Empowerment wichtig: Frauen in der Berufswelt fördern, uns gegenseitig unterstützen.
Heute gestalte ich als Führungskraft und Kommunikatorin Schnittstellen zwischen Verbraucher*innen, Fachkräften, Medien, Politik und Wissenschaft. Hierbei balanciere ich viele Projekte und Prozesse parallel. Eine meiner Stärken ist es, Menschen und Themen zusammenzubringen. Kommunikation und Netzwerke sind für mich zentrale Hebel, um nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch Handlungsspielräume zu eröffnen und Themen voranzutreiben.
Die internationale Perspektive auf Ernährungsverhältnisse, die mich im Studium und schon durch ein Schuljahr in den USA geprägt hat, behalte ich bei – auch wenn mein jetziger Arbeitsfokus national und regional ist.
Was mögen/schätzen Sie in Ihrem Beruf am meisten?
Ich schätze besonders, dass wir in unserer Fachgruppe, mit den anderen Abteilungen der Verbraucherzentrale Hessen und im bundesweiten Kollegium konkrete Verbesserungen für Menschen anstoßen können. Besonders motivierend ist es, wenn wir mit einem Thema medial durchdringen, wenn politische Aufmerksamkeit entsteht – und sich dadurch wirklich etwas bewegt.
Als Teamleitung liegt mir am Herzen, unsere Zusammenarbeit zu gestalten. Und zwar so, dass alle gut arbeiten können und wir zu einem guten Ergebnis kommen. Dazu braucht es offene Kommunikation, positives und konstruktives Feedback, aber auch Flexibilität für verschiedene Lebensphasen und Arbeitsrhythmen. Unsere Fachgruppe besteht überwiegend aus Frauen, wie so oft in der Ernährungswelt. Innerhalb meines ersten Jahres habe ich sieben neue Personen ins Team holen können. Durch deren neue Perspektiven sind wir noch stärker geworden.
Und nicht zuletzt entwickle ich mich in dieser Position stetig weiter: durch die strategische Arbeit, die Personalauswahl und -führung, durch öffentliche Auftritte und die große Themenvielfalt, von Energy Drinks über Lebensmittelpreise bis hin zu an Kinder gerichtetem Lebensmittelmarketing.

Was würden Sie Studierenden Ihres Fachbereiches gerne als Tipp mit auf den Weg geben?
Mein erster Tipp: Probieren Sie sich aus – durch Praktika, Module, Nebenjobs. Lieber früh herausfinden, was Ihnen liegt (und was nicht), als sich später in etwas Unpassendem wiederzufinden. Außerdem bauen Sie dabei wertvolle Kontakte und Ihr Netzwerk auf.
Zweitens: Suchen Sie sich Themen, die Sie wirklich interessieren. Ernährung ist komplex. Fachwissen ist die Basis, aber genauso wichtig ist es, zuzuhören, Vielfalt auszuhalten und dennoch für Werte wie ganzheitliche Gesundheit, Klimaschutz oder gerechtere Ernährungsumgebungen einzutreten.
Und zuletzt: Sie müssen nicht schon im Studium wissen, wohin Ihr Weg führt – das wusste ich auch nicht. Wichtig ist, loszugehen.