Spezialisierung in der Adipositastherapie: Erfahrungen und Einblicke in die VDOE-Zusatzqualifikation

Spezialisierung in der Adipositastherapie: Erfahrungen und Einblicke in die VDOE-Zusatzqualifikation
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Der Berufsverband bietet Qualifizierungsmöglichkeiten, wie die VDOE-Zusatzqualifikationen im Bereich Gesundheitsförderung und Ernährungstherapie. 

 

Wir haben unsere erste Absolventin der Zusatzqualifikation Ernährungstherapie Adipositas über ihre Motivation und Herausforderungen befragt. Sie teilt ihre persönlichen Erfahrungen und Ratschläge für andere Ernährungsexpert*innen, die eine Spezialisierung im Bereich Adipositas in Betracht ziehen.

 

Nadia Robles-Bünger erwarb 2002 das Hochschuldiplom in Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften an der Universität Iberoamericana in Mexiko. Im Anschluss absolvierte sie Weiterbildung in Körperkomposition an der Universität Buenos Aires sowie zu künstlicher Ernährung in Havanna. Den Masterabschluss in Ernährungswissenschaften für menschliche Nahrung erlangte sie 2007 an der Universität Granada.
 
Ab 2017 zertifizierte sie sich beim Verband der Oecotrophologen (VDOE) und wurde 2023 das erste Verbandsmitglied mit einer Zusatzqualifikation im Bereich Adipositas.
 
Beruflich war sie 15 Jahre in verschiedenen staatlichen und privaten Krankenhäusern in Mexiko, Spanien und Deutschland in unterschiedlichen operativen und administrativen Funktionen tätig. Derzeit arbeitet sie als Ernährungsberaterin am Rehabilitationszentrum ZAR in Wolfsburg mit den Schwerpunkten Neurologie und Orthopädie.

Welche Gründe haben Sie dazu bewogen, die VDOE-Zusatzqualifikation im Bereich Ernährungstherapie Adipositas anzustreben?

Vor 30 Jahren, als ich mein Studium zum Thema Adipositas begann, sah ich die Krankheit als etwas Normales in Lateinamerika. Die Leute kamen in meine Sprechstunden, um abzunehmen. Obwohl es möglich war, das Ziel durch eine Kalorienreduzierung zu erreichen, wurden die Ursachen der Fettleibigkeit nicht analysiert. Während meines Studiums war Deutschland damals ein Länderbeispiel für gesunde Ernährung. Seit meiner Ankunft hier habe ich jedoch gesehen, dass die Zahl der Fälle von Fettleibigkeit sehr stark angestiegen ist. Heutzutage sind 19 Prozent der deutschen Bevölkerung adipös. Deshalb habe ich mich dafür interessiert, die Ursachen zu erforschen und die Bedeutung einer so komplexen Krankheit wie Adipositas zu verstehen. Die VDOE-Zusatzqualifikation (ZQ) war eine Themenvertiefung, die mir diese Möglichkeit gab.

Nadia Robles-Bünger, © privat
Nadia Robles-Bünger, © privat

Welche konkreten erweiterten Fähigkeiten und Kenntnisse haben Sie durch die Weiterbildung erworben?

Die Vielfalt der Themen, die der VDOE zum Thema Adipositas anbietet, ermöglicht es den Teilnehmenden, die Themenschwerpunkte frei zu wählen, je nachdem, was sie am meisten interessiert.

 

Einige der Kurse während dieser Zertifizierung haben mein Wissen bestätigt, andere haben mir neue Erkenntnisse gebracht, wie z. B. die aktuellen Behandlungsmethoden oder Behandlungsalternativen. Diese haben mein Interesse an der Forschung, wie z. B. von der TUM im Institut für Ernährungsmedizin weiter verstärkt, da der direkte Austausch vor Ort mit den Forschenden die Seminare noch attraktiver machen, genauso wie die Onlinekurse aus dieser Region.

Welche Vorteile sehen Sie in dieser Qualifikation?

Wir benötigen mehr qualifizierte Ausbildungen, um im spezifischen deutschen Gesundheitssystem bei der interdisziplinären Behandlung eines/einer Patient*in als Ernährungswissenschaftler*in ernst genommen zu werden.

 

Durch eine ZQ entsteht der Vorteil, zu den Patient*innen und Ärzt*innen durch permanent aktualisiertes Wissen ein besseres Vertrauensverhältnis zu entwickeln.

Können Sie uns anhand eines konkreten Beispiels aus Ihrer eigenen Praxis erläutern, welche Unterschiede Sie seit Erlangung der Zusatzqualifikation in der Arbeit festgestellt haben bzw. in der Zukunft sehen, insbesondere im Hinblick auf die Ernährungstherapie bei Menschen mit Adipositas? Welche erweiterten Fähigkeiten und Kenntnisse können Sie einsetzen, um Klient*innen zu unterstützen?

Ja, heutzutage ist die Aufnahme von Patient*innen mit Adipositas ein normaler Teil unserer Praxis geworden. Die Ursachenanalyse in der Rolle als Ernährungswissenschaftler*in macht es definitiv interessant und die verwendete Methodik kann im Interesse des/der Patient*in einen Unterschied in der Behandlung machen. Wichtig ist die richtige Interpretation von Blutwerten, Hormonen, Körperzusammensetzung (Anthropometrie), etc., die uns eine korrekte Diagnoseerstellung erlauben.

 

Die Methode, die ich anwende, hängt von jeder einzelnen Patientenpathologie und dem Ziel ab, das er/sie erreichen möchte, aber ich betrachte die Ernährung nicht als einzige Ursache. Viele von ihnen benötigen psychologische Interventionen, was mich dazu veranlasst, in einem interdisziplinären Team zu arbeiten. Andere Patient*innen werden zur Endokrinologie überwiesen, sodass sich der/die Patient*in in der Behandlung begleitet fühlt, was natürlich eine Motivation ist, mit der Ernährungsintervention fortzufahren.

Was würden Sie anderen Ernährungsfachkräften empfehlen, die überlegen die Zusatzqualifikation Ernährungstherapie Adipositas zu erlangen?

Heutzutage nimmt Adipositas immer mehr zu. Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass sich die Fettleibigkeit weltweit mit pandemischen Zügen entwickeln wird, die den Einsatz von besser qualifiziertem Personal in diesem Bereich erfordert. Auf der Suche nach dieser Spezialisierung habe ich vor fünf Jahren vergeblich gesucht. Seinerzeit gab es für Ernährungswissenschaftler*innen/Oecotropholog*innen nicht die Möglichkeit zur Erlangung der Zusatzqualifikation. Heutzutage haben wir neben dem Wissenserwerb die Chance, uns mit der Qualifikation sichtbarer zu machen und Vorteile bei der Akzeptanz und Zusammenarbeit zu erfahren. Daher empfehle ich das Angebot zu nutzen, um qualifiziert dazu beizutragen, die weitere Ausbreitung dieses Leidens zu verhindern.

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