„Tafel is(s)t gesund und nachhaltig“ stärkt die Ernährungskompetenz der Tafel-Kundinnen und -Kunden

„Tafel is(s)t gesund und nachhaltig“ stärkt die Ernährungskompetenz der Tafel-Kundinnen und -Kunden

Wie viel Zucker versteckt sich in Limonaden, Säften und anderen Getränken? Warum sind Nüsse gut für das Gehirn? Wie viel Salz ist in Fertigprodukten enthalten? Und warum ist es wichtig, sich ausgewogen zu ernähren und wie hilft eine Ernährungspyramide dabei?

 

Diese und andere Fragen werden in den Ernährungsbildungsseminaren des von IN FORM geförderten Projektes „Tafel is(s)t gesund und nachhaltig“ beantwortet. Das Projekt wird von der Tafel-Akademie in Kooperation mit der Tafel Deutschland durchgeführt. Ziel ist es, die Ernährungskompetenz der Tafel-Kundinnen und -Kunden zu stärken und sie für eine gesunde Ernährung zu sensibilisieren. Zudem wird der Zusammenhang von Klima und Ernährung beleuchtet. Das Projekt unterstützt Tafeln außerdem dabei, einen Mittags- oder Abendtisch gesundheitsförderlicher zu gestalten oder ein Essensangebot aufzubauen.

Armut und Ernährung

Wenn das Geld knapp ist, dann sparen viele Menschen bei der Ernährung und das geht häufig zu Lasten ihrer Gesundheit. Verschiedene Studien bestätigen, dass sich armutsbetroffene Menschen meist ungesünder ernähren als Menschen mit höherem sozioökonomischem Status. Die Folgen sind verheerend: Ernährungsbedingte Krankheiten wie Diabetes und Übergewicht treten häufiger auf (RKI 2019). Kinder und Jugendliche sind davon nicht ausgenommen: In niedrigeren Einkommensgruppen werden weniger gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse konsumiert, es wird seltener Sport getrieben und die Heranwachsenden sind häufiger übergewichtig als in Familien höherer Einkommensgruppen (RKI 2019). Die Gründe für ungesunde Ernährung sind jedoch sehr komplex. Neben materiellen Ursachen spielt fehlendes Wissen oft eine Rolle.

Die Tafeln in Deutschland

Die über 960 Tafeln in Deutschland retten rund 265.000 Tonnen Lebensmittel im Jahr – neben Obst und Gemüse auch Backwaren, Lagerbestände mit nahendem Mindesthaltbarkeitsdatum, Saisonartikel, Überproduktionen und falsch deklarierte Ware. Zwar ist alles in einem einwandfreien Zustand, jedoch für den Handel sowie die Hersteller nicht mehr zum Verkauf geeignet. Doch am Ende des Tages bleiben auch bei den Tafeln manchmal Nahrungsmittel übrig – beispielsweise regionale Obst- und Gemüsesorten, darunter gesunde Alleskönner wie Sellerie oder Rote Bete, Rosenkohl und Pastinake. 2021 ist das Projekt „Tafel is(s)t gesund und nachhaltig“ gestartet, um dem entgegenzuwirken.

Ernährungsbildung für Groß und Klein

Mit auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittenen Ernährungsbildungsseminaren werden praxisnah die Grundlagen einer gesunden Lebensweise in den Tafeln vermittelt. Konzipiert wurden die Seminare von Ernährungswissenschaftlerinnen innerhalb des Projektes. Durchgeführt werden sie von erfahrenen Ernährungsfachkräften, Diätassistent*innen oder Oecotropholog*innen. Diese sensibilisieren an sechs Terminen zu je drei Stunden Erwachsene oder Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 14 Jahren für das Thema gesundheitsförderliche sowie klimafreundliche Ernährung. Bewegung gehört zu einer gesunden Lebensweise dazu. Daher werden die Seminareinheiten mit leicht zu erlernenden Übungen aufgepeppt, die auch einfach im Alltag umgesetzt und integriert werden können.

Profis für gesundes Essen

Bei den jungen Gästen geht es spielerisch und praktisch zu: Beim Raspeln, Schnippeln und Gemüse putzen, werden ihnen die Grundlagen vom sicheren sowie hygienischen Arbeiten in der Küche vermittelt. Während sie einfache Snacks zubereiten, wird ihre Begeisterung und Neugier für Ernährung geweckt. Sie machen Sinnexperimente, verkosten zum Beispiel Möhren in unterschiedlichen Zubereitungsformen und lösen zwischendurch Rätselaufgaben. Zum Abschluss einer jeden Seminareinheit essen die Kinder und Jugendlichen gemeinsam die zubereiteten Snacks. Langeweile kommt nicht auf, denn das Essen ist nicht nur gesund, sondern schmeckt auch gut. Die „lustigen Brotgesichter“ tragen zum Spaßfaktor bei und sind oft ein großes Highlight.

Mit Freude lernen auch die Erwachsenen mehr über eine ausgewogene Ernährung und bekommen Tipps und Tricks an die Hand, damit sie ihr Wissen einfach im Alltag umsetzen können. Sie lernen Lebensmittel kennen, mit denen sie vorher kaum in Berührung kamen und werden mit neuen Rezepten für zuhause ausgestattet. Damit soll auch erreicht werden, dass Lebensmittel wie Sellerie, Pastinake oder Quitte künftig eher aus der Tafel-Ausgabe mitgenommen werden, weil die Tafel-Gäste wissen, wie man diese zubereitet. Damit wird ein weiterer Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung geleistet. Um die Konzentration zu fördern und die Wissenseinheiten abzurunden, lockern Bewegung, Lebensmittelverkostungen sowie Kreuzworträtsel die Atmosphäre auf. Zum Ende wird auch bei den Erwachsenen gemeinsam gegessen. Die Mahlzeit wird aus teils gespendeten Lebensmitteln für sie zubereitet.

 

Eine wichtige Rolle spielt der Raum, der für mitmenschliche Kontakte geschaffen wird. Da von Armut betroffene Menschen oft kein Geld für einen Cafébesuch oder ein Essen im Restaurant haben, wird ihnen somit auch soziale Teilhabe ermöglicht.

Gemeinsam essen beim Mittags- oder Abendtisch

Viele Tafeln haben neben der Lebensmittelausgabe auch weitere Angebote, wie Mittags- oder Abendtische. Auch hier ist der soziale Aspekt neben dem Essen relevant. Schließlich kommt man bei einer warmen Mahlzeit ins Gespräch, stößt auf offene Ohren für die Herausforderungen und Sorgen des Alltags. Das Projektteam unterstützt Tafeln aus diesem Grund auch beim Ausbau oder der Implementierung eines Essensangebotes. Diese können, je nachdem wie sie organisiert sind, eine weitere Möglichkeit sein, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Außerdem beraten die Mitarbeiterinnen zur gesundheitsförderlichen Gestaltung des Speiseplans, sie begleiten die Tafeln fachlich, stehen bei Fragen zur Hygiene oder Planung zur Seite und schulen die Küchenteams zur Zubereitung von Lebensmitteln. Damit wird gewährleistet, dass die Mittags- und Abendtische professionell ausgerichtet werden.

Förderung und Kooperation

Das IN FORM-Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert und von der Tafel-Akademie zusammen mit Tafel Deutschland umgesetzt. In Kooperation mit dem IN FORM-Projekt KlimaFood der Europa-Universität Flensburg werden zudem neue wissenschaftliche Erkenntnisse hinsichtlich einer gesunden und klimafreundlichen Ernährung in die Projektangebote integriert. Gemeinsame Aktionen werden umgesetzt, wie eine Tour mit der mobilen Küche von KlimaFood oder ein Fest in der Tafel Oschatz zum Zusammenhang von Klima und Ernährung. Durch die Zusammenarbeit ist auch ein Saison-Domino entstanden, welches fester Bestandteil der Ernährungsbildungsseminare ist.

 

Seit Beginn konnten bereits über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für gesunde Ernährung im Projekt „Tafel is(s)t gesund“ begeistert werden. So beweist das Projekt, dass gesunde Ernährung Spaß macht und zeigt, welchen positiven Einfluss das auf das Wohlbefinden der Menschen nimmt. Es stärkt armutsbetroffene Menschen und nebenbei werden Lebensmittel wertgeschätzt, damit mehr davon auf den Tellern statt im Müll landen.

Juliane Ahr hat Germanistik und Romanistik studiert und ist seit 2022 bei der Tafel-Akademie und im Projekt „Tafel is(s)t gesund“ für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Marco Koppe, Sozialmanager und Sozialarbeiter, arbeitet seit 2014 bei den Tafeln. Seit 2019 ist er Geschäftsführer der Tafel-Akademie und seit 2021 Geschäftsführer der Tafel Deutschland.

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